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Das schrieb Sam Bodry in Aether über unsere Aviatikbörse
aus: Sam Bodry: »Ein Verzeichnis der Begeisterung«, in: Nils Güttler, Niki Rhyner, Max Stadler (Hg.):
Flughafen Kloten: Anatomie eines komplizierten Ortes (Æther 01), Zürich: intercom Verlag, 2018.
Wer sich das Sammeln von Flugzeugmodellen zum Hobby gemacht hat, darf einen Anlass unter keinen Umständen verpassen. Jährlich, jeweils am letzten Sonntag im November, findet die Aviatikbörse in Bassersdorf, einer Nachbargemeinde von Kloten, statt. Private und kommerzielle Verkäufer*innen können hier Flugzeugartikel aller Art präsentieren. Auf ihrer Website wirbt die Aviatikbörse mit dem Slogan: »Grenzenlose Angebote, Fachsimpeln, Freunde treffen, Luftfahrt erleben!«. Die Sporthalle, in der die Börse stattfindet, ist der passende Ort für das Ereignis: Früher wurde sie als Freizeitanlage für das Swissair-Personal benutzt. Die meisten Besucher sind männlich und die dominante Haarfarbe ist grau. Hin und wieder sieht man auch eine Frau in der Masse, allerdings selten ohne einen männlichen Begleiter an der Seite. Zwischen den älteren Herren, die rege diskutieren, erblicke ich gelegentlich eine Gruppe Jugendlicher. Viele der Besucher*innen scheinen sich zu kennen. Sie grüssen sich herzlich und bestaunen gemeinsam die gerade erworbenen Flugzeugmodelle. »Fachsimpeln, Freunde treffen«. Die Atmosphäre erinnert an einen Flughafen. Im Hintergrund höre ich immer wieder das Turbinengeräusch eines startenden Flugzeugs. Das scheint hier niemanden zu stören. »Luftfahrt erleben!«
Einige Besucher*innen sind mit ihren Koffern angereist, allerdings nicht um in die Ferien zu gehen, sondern um möglichst viele der teilweise kuriosen Flugzeugartikel, die es auf der Börse zu kaufen gibt, mitnehmen zu können. »Grenzenlos«, wie die Webseite verspricht, ist das Angebot allemal. Tatsächlich findet man dort so ziemlich alles, was das Sammlerherz begehrt: farbige Airline-Taschen, alte Pilotenausrüstungen und -anzüge, Flugzeuggeschirr und -besteck, antike Flugzeugsitze samt Gürtel, komplexe Maschinenbauteile, altertümlich aussehende Cockpitarmaturen und vieles mehr. Und natürlich Flugzeugmodelle.
Die Verkäufer*innen kommen von überall aus der Schweiz nach Bassersdorf. Manche Besucher*innen legen noch weitere Strecken zurück, aus Frankreich, Italien oder Deutschland. Ein Händler hat auf seinem vollbepackten Stand mindestens fünfhundert Flugzeugmodelle stehen. Er erzählt mir, dass er seine gesamte Sammlung im Massstab 1/400 verkauft. Er braucht Platz für seine 1/200-Modelle. Obwohl man bei ihm nur »gebrauchte« Flugzeugmodelle kaufen kann, sehen fast alle neu aus. Viele wurden nie aus ihren Kisten genommen. Andere Sammlungen sind deutlich skurriler. An mehreren Ständen kann man originale Flugzeug-Servierwägen bestaunen – für manche ein wichtiges Sammlerexemplar, für andere eher ein schräges Möbelstück. Ein Verkäufer aus Österreich wiederum offeriert diverse Safety-Cards. Insgesamt sind es mehrere Tausend. Ich frage ihn, wie er an die – von vielen Passagieren kaum beachteten – Sicherheitshinweise gekommen ist. Seine Antwort ist die gleiche wie die vieler anderer Verkäufer*innen: »Durchs Kaufen, Sammeln und Tauschen mit Freunden«. Auch die berühmt-berüchtigten Kotztüten, die sich im Flugzeug ebenfalls in der Vordersitztasche befinden, werden verkauft.
In der Bassersdorfer Sporthalle, umgeben von Flugzeugmodellen und Aviatikaccessoires, war ich der »Nerd«, der Aussenseiter.
Nicht nur die Auswahl an Produkten, auch ihr Ursprung ist »grenzenlos«. Zwar überwiegen die rote Farbe mit dem weissen Kreuz sowie die Schriftzüge »Swiss« und »Swissair«, doch Artikel von ausländischen Airlines kommen keineswegs zu kurz. Ob man nun ein Modell der Thai, eine Tasche der British Airways, einen Regenschirm der Air France oder einen Fächer der Cathay Pacific sucht, jeder Fan scheint hier sein Glück finden zu können. Die Ortschaft Bassersdorf geht beim Umherschlendern schnell vergessen.